Das Anwachsen der Bevölkerung Griesheims nach dem zweiten Weltkrieg durch Evakuierte, Flüchtlinge und Heimatvertriebene ließ Griesheim schnell vor allem nach Osten hin wachsen.
Dies machte eine 2.Pfarrstelle in der“ Evangelischen Gemeinde Griesheim“, heute „Luthergemeinde“, notwendig.
Pfarrer Dr.Czaia, seit 1951 Gemeindepfarrer der evangelischen Gemeinde in Griesheim, behält die Pfarrstelle 1 und die Pfarrstelle 2 für den Ostbezirk wird zum 1.12.1952 besetzt. Als Pfarrhaus und Büro diente ein angemietetes Haus in der Wilhelm-Leuschner-Strasse. In der Bessunger Strasse diente ein kleines Nebengebäude als Versammlungsraum für Jugendgruppen, Frauenhilfe und Bibelstunden. Gottesdienste fanden im Saal der Gastwirtschaft „Donauschwabenhof“ in der Bruckner Strasse statt. Man war sich aber einig, dass die nach Osten expandierende Gemeinde einen zentralen Sammelpunkt für den neuen Pfarrbezirk brauchte. Zu weit waren die Wege zur Ortskirche, am äußersten Westrand Griesheims liegend, zum Pfarrbüro in der Ortsmitte und den Versammlungsräumen wiederum an einem anderen Ort liegend.
In den folgenden Jahren suchen Kirchenvorstand und Pfarrer nach einem geeigneten Grundstück für ein Gemeindezentrum im Ostteil von Griesheim und finden es schließlich in der Brucknerstrasse. Dank der Bemühungen von Pfarrer Czaia gelang es schließlich durch einen Ringtausch mit kircheneignem Ackerland, Kaplaneigut der Evangelischen Stadtkirche Darmstadt und der bürgerlichen Gemeinde Griesheim, der das Grundstück gehörte, das Gelände zu erwerben. In den Jahren 1958-1960 diskutiert und plant der Kirchenvorstand das neue Gemeindezentrum und hat auch erste Vorentwürfe eines Griesheimer Architekten.
Am 31.7.1959 folgt der Inhaber der Pfarrstelle 2 für den Ostbezirk einem Ruf nach Frankfurt und verlässt die Gemeinde. Er wird durch Pfarrvikare ersetzt, da die Ausschreibungen für die Pfarrstelle 2 Ost ergebnislos bleiben.
Im August 1960 fordert die Kirchenverwaltung einen Architektenwettbewerb für das Projekt Gemeindezentrum Ost, aus dem der Entwurf des Darmstädter Architekten Soeder am 27.11.1960 als Sieger hervorging.
Nun begann die heiße Phase der Finanzierung und wieder war Pfarrer Dr. Czaia, der unermüdliche Motor des großen Bauvorhabens. Er verhandelt mit der Kirchenleitung, berät mit dem Bauausschuss, initiiert Sammlungen, motiviert Spender, führt Gespräche mit dem Landesjugendamt, dem Kreisausschuss und der bürgerlichen Gemeinde wegen zu erwartender Zuschüsse. Im Herbst 1961 ist die Finanzierung dann endlich gesichert.
Noch im Dezember 1961 kann mit dem Bauabschnitt 1 Gemeindehaus begonnen werden. Im Juli 1962 ist bereits das Richtfest des Gemeindehauses, aber die Pfarrstelle Ost noch immer nicht besetzt. Es gelingt Pfarrer Czaia die Kirchenleitung davon zu überzeugen, dass das fehlende Pfarrhaus ursächlich für die gescheiterten Ausschreibungen für die Pfarrstelle 2 sei und schlägt deshalb der Kirchenleitung vor, die zur Verfügung stehenden Restmittel des Gemeindehauses, nicht für den Innenausbau, sondern für den Rohbau des Abschnitts 2 Kindergarten und 3 Pfarrhaus zu verwenden, was dann auch geschah. Am18.10.1964 kann das neue Gemeindezentrum, allerdings noch ohne den Bauabschnitt 4 Kirche, dann eingeweiht werden. Pfarrer Dr. Czaia war zuvor am 1.8.1964 zum Inhaber der Pfarrstelle 2 Ost ernannt worden.
4 Monate später, am1.1.1964 wird dann der Evangelischen Gemeinde Griesheim der Name „Evangelische Luthergemeinde Griesheim“ beigelegt und die Pfarrstelle 2 aufgehoben.
Die Pfarrstelle 2 Ost wird zur Evangelischen Melanchthongemeinde Griesheim und erhält eine Pfarrstelle.
Nun hatten wir also ein neues Gemeindezentrum und waren eine selbständige Gemeinde. Der große Gemeindesaal verfügte über eine Sakristei, einen erhöhten Altarraum-mit einem Altartisch, einem Lesepult und einem Taufbecken ausgestattet -und eine Empore. Er sollte bis zur Verwirklichung des Bauabschnittes 4, der Kirche, als Kirchraum dienen. Mit seinen im oberen Drittel des hohen Raumes angeordneten Klappfenstern, schmucklosen weißen Wänden, einem grauen Kunststofffliesenboden und Klappholzstühlen hatte er aber doch eher den Charme einer Turnhalle.
Jedoch hatten wir genügend Räume, ein funktionierendes Gemeindebüro, einen Hausmeister, der eine Wohnung im Gemeindehaus hatte, einen Kirchenvorstand, der aus den gewählten Kirchenvorstehern des Ostbezirkes der ehemaligen Gemeinde und Berufenen zusammen gesetzt war. Auch der Kindergarten war bereits in Betrieb und erfreute sich wachsender Beliebtheit. Vor allem aber hatten wir mit Dr.Czaia einen beliebten und tatkräftigen Pfarrer.
Es war trotzdem ein langer Weg für die Melanchthongemeinde zu einer Gemeinde zusammen zu wachsen, die sich als solche fühlt.
Viele Gemeindeglieder, vor allem aus dem alten Griesheim, waren gegen ihren Willen der Melanchthongemeinde zugeordnet worden und vermissten ihre schöne, alte Kirche und die Gemeinschaft dort. Andere, vor allem die wenigen Evangelischen aus dem ST. Stephanerbereich freuten sich, endlich auch eine kirchliche Heimat gefunden zu haben.
St. Stephan war eine landwirtschaftliche Nebenerwerbssiedlung für Vertriebene aus Ungarn und dem damaligen Jugoslawien und gehörte damals zu Darmstadt. Es gab schon eine katholische Kirche.-
Die meisten Gemeindeglieder aber lebten erst seit einigen Jahren in Griesheim. Sie waren als Flüchtlinge aus den Ostgebieten hier angesiedelt worden oder hatten hier eine Wohnung oder ein Baugrundstück gefunden.
Der Bau einer Kirche war von der Kirchenleitung gestoppt worden.
Mit seinem Ideenreichtum, seinen weit reichenden Beziehungen und seinem großen Ansehen in der Öffentlichkeit gelingt es Dr. Czaia, ein wertvolles Glockenspiel aus Spendengeldern zu finanzieren, denn wir hatten ja weder Glocken, noch eine Orgel. Es wurde im Advent 1966 vor dem Gemeindezentrum auf einer provisorischen Aufhängung installiert und diente viele Jahre als Wahrzeichen der Gemeinde. Nun konnte man wenigstens zu den Gottesdiensten läuten.
Im August 1970 stirbt Dr. Czaia ganz plötzlich und hinterlässt eine große Lücke. Die Gemeinde hatte zwar inzwischen eine Pfarrvikarsstelle, die aber zu dieser Zeit mit einem Gemeindehelfer besetzt war, den Pfarrer Czaia zum Diakon ausbilden wollte.
Nach einer Vertretungszeit trat dann im Februar 1971 Pfarrer Mappes sein Amt an und blieb der Gemeinde bis zu seiner Pensionierung am 25.5.1986 treu. Er setzt Schwerpunkte in der Altenarbeit und der Frauenhilfe, mit deren Spendengeldern dann Paramente angeschafft wurden. Es war die erste Verschönerung, unseres Kirchraumes und man konnte das Kirchenjahr sichtbar machen. In seiner Zeit erhielt die Gemeinde eine hauptamtliche Kirchenmusiker Stelle und eine neue Orgel, was dem kirchenmusikalischen Leben der Gemeinde sehr zugute kam. Es gründete sich außerdem ein Posaunenchor.
Die Pfarrvikarstelle wird zum 1.1.1972 in eine Pfarrstelle Nord 2 umgewandelt. Am 1.8.1973 wird Pfarrvikar Heinrich Mohn mit ihrer Verwaltung beauftragt und nach seiner Ernennung zum Pfarrer übertrug ihm die Kirchenleitung am 1.11.1974 die Pfarrstelle als Inhaber, was er bis zu seiner Pensionierung blieb. Unsere Gemeinde und alle Aktivitäten in ihr hatte bisher eine rein volkskirchliche Ausrichtung.
Pfarrer Mohn übernahm die Verantwortung für die Kinder und Jugendarbeit. Zu diesem Zeitpunkt existiert eine offene Jugendarbeit unter der Betreuung von Herrn Stratmann, dem Gemeindehelfer. Sie endet nach seinem Weggang1975. Pfarrer Mohn, mit einer eher charismatischen, evangelikalen Ausrichtung, gelingt es viele Menschen an unsere Gemeinde zu binden und sie in die Arbeit einzubinden .Bis 1979 entwickelt sich eine Gruppe, die stark in das Gemeindeleben hinein wirkte. Ziel ihrer Arbeit war es, junge Christen zu befähigen, ihren Glauben zu praktizieren und glaubwürdig zu vertreten .Es wurden zahlreiche Freizeiten veranstaltet, Jugendgottesdienste abgehalten, ein besonderes Jugendabendmahl entwickelt, ein Missionsbasar zugunsten der Christusträger veranstaltet und bei Gemeindeaktivitäten mitgearbeitet. Es entsteht in der Jugend eine Musik-Band.
1976 entsteht der erste Hauskreis aus der Einsicht heraus, dass es in unserer Zeit der Gemeinschaft bedarf, um Glaubensleben überzeugend zu praktizieren. Inzwischen gibt es viele Hauskreise. Seit 1982 werden regelmäßig Lobpreisgottesdienste gefeiert.
In der gemeinsamen Amtszeit von Pfarrer Mappes und Mohn entstanden aber auch 1977 der Basarkreis und 1983 das jährlich stattfindende Gemeindefest unter Einbeziehung des Kindergartens und aller Gruppen unserer Gemeinde. Aus dem Erlös dieser Gemeindefeste wurde es möglich, unseren Kirchraum auszugestalten. Die Stirnwand des Altarraumes schmückt heute ein Keramikmosaik von Lis Ebinger, einer bekannten Künstlerin. Sie gestaltete auch die Fenster der Nordseite und der Fußboden erhielt passende Keramikfliesen.
Nun hatten wir zwar keine Kirche, aber einen schönen, sakralen Kirchraum.
Nach der Pensionierung von Pfarrer Mappes1986, übernimmt Pfarrer Claus, ein Freund von Pfarrer Mohn, die Pfarrstelle Süd. Leider erkrankte er bald sehr schwer, was 1989 zu seiner Pensionierung führte. In dieser Zeit entstand das „Abendgebet“, ein kurzer liturgischer Gottesdienst, der täglich außer Samstag und Sonntag, am Freitag als Abendmahlsgottesdienst, gehalten wird.
Eine lange Interimszeit mit, von der Kirchenleitung organisierten, Vertretungen schloss sich an. Anfang 1993 wurde Pfarrer Rampelt von der Kirchenleitung vorgeschlagen. Er kommt
zunächst auf Probe und wurde später zum Inhaber der Pfarrstelle Süd gewählt. Pfarrer Rampelt war zuvor Pfarrer in einer Gemeinde in Siebenbürgen (Rumänien) und übersiedelte nach der Wende nach Deutschland. Er ist ein volkskirchlicher Pfarrer, ist kontaktfreudig und hat bald gute Kontakte auch in die bürgerliche Gemeinde und zu eher Kirchenfremden. Ein Krabbelgottesdienst, von ihm ins Leben gerufen, integriert junge Familien in unsere Gemeinde. Mit der Aktion „Kinder helfen Kindern“, einer Päckchenaktion in der Vorweihnachtszeit für rumänische Kinder, in die alle Griesheimer Schulen einbezogen sind, motiviert er viele Menschen zum Helfen und die Melanchthongemeinde erreicht eine Breite Öffentlichkeit. Unser Glockenspiel und die provisorische Aufhängung sind zu lange der Witterung ausgesetzt und dadurch stark geschädigt. Es gibt schon ein Sparbuch für einen Glockenturm. Pfarrer Rampelt greift die Idee, einen Glockenturm zu bauen, neu auf und beginnt Spenden dafür zu sammeln. Er veranstaltet ein Benefiz -Fußballspiel zu Gunsten des Glockenturmes, welches das Vorhaben populär macht. Im Laufe der Jahre gelang es vor allem ihm, so viel Geld dafür zu sammeln, dass an eine Verwirklichung zudenken war und erste Planungen begannen Zunächst jedoch konnten wir durch Tausch und Verkauf von Kirchgrundstücken ein Pfarrhaus mit einem Gemeinderaum für den Nordbezirk bauen.
Noch während der Bauzeit erreicht Pfarrer Mohn das 65.Lebensjahr und tritt in den Ruhestand. Er wird mit einer großen Feier am 28.5.2006 verabschiedet.
Er verlässt nach 30 Jahren eine breit aufgestellte Gemeinde mit einer geistlichen Spannbreite, die von charismatisch bis volkskirchlich reicht. Neben den bereits genannten Gruppen und regelmäßigen Veranstaltungen gibt es inzwischen viele weitere, wie das „Frauenfrühstück“, eine Veranstaltung, die weit über die Melanchthongemeinde hinausgeht, das „Forum“, eine Veranstaltung ,bei der in geselligem Rahmen mit fremden oder eigenen Referenten die verschiedensten Themen diskutiert werden, einmal monatlich nach dem Gottesdienst das „Gebet für Kranke“, in dem auf Wunsch von Gemeindegliedern für sie oder kranke Angehörige gebetet wird und jährliche Alpha-Kurse.
Dieser Weg vom Aufbruch zu einer breit gefächerten Gemeinde konnte natürlich nicht ohne zahlreiche Krisen und Verletzungen, vor allem des Kirchenvorstandes und der Pfarrer verlaufen. Bei der Bewältigung der großen geistlichen Spannbreite aber sind wir aneinander und miteinander gewachsen. In vielen Gesprächen, Klausurtagungen, manchmal auch mit fremder Hilfe haben wir gelernt, Dinge offen anzusprechen, zuzuhören und den Anderen in seiner Spiritualität anzunehmen und zu schätzen. Deshalb hat der Kirchenvorstand bewusst und einstimmig für die Stelle des Pfarrbezirkes Süd einen Pfarrer für den charismatisch, evangelikalen Teil unserer Gemeinde gesucht.
Wieder dauert die Suche lange und ein Weg mit Vertretungen steht der Gemeinde bevor. Mit Hilfe der Kirchenleitung gelingt es dem Kirchenvorstand schließlich, in Pfarrer Uhde einen geeigneten Pfarrer für diesen Teil der Gemeinde zu finden.
Pfarrer Uhde wird am16.9.2007 in sein Amt eingeführt. Inzwischen ist das Pfarrhaus fast fertig. Für die Übergangszeit wohnt er mit seiner Familie als Untermieter im Pfarrhaus des katholischen Pfarrers, der uns freundschaftlich verbunden ist. Ökumene funktioniert gut in Griesheim, es bestehen gute Kontakte zu allen christlichen Gemeinden, auch zu den freikirchlichen, ein ökumenischer Gottesdienst eröffnet den jährlichen „Zwiebelmarkt“ der Stadt Griesheim, der ökumenische Freundeskreis trifft sich regelmäßig und führt zweimal im Jahr einen gut besuchten Gottesdienst mit Pfarrer Bittlinger abwechseln in der Melanchthongemeinde und in der Gemeinde ST. Stephan durch.
Ende 2007 ist das Pfarrhaus fertig und Pfarrer Uhde kann einziehen. Die Planung des Glockenturmes macht Fortschritte und die Finanzierung wird durch weitere Spenden und den Erlös des letzten Gemeindefestes sicherer .Ende 2008 sind Bauplanung und Genehmigung fertig. Am Ostersonntag 2010, also in diesem Jahr, haben wir ihn mit dem reparierten Glockenspiel und neuen Läuteglocken auf neu gestaltetem Kirchgelände stehend, , mit vielen Gästen aus den anderen Kirchgemeinden und der Stadt Griesheim feierlich eingeweiht.
In den Jahren seit der Entstehung der Melanchthongemeinde sind wir durch Höhen und Tiefen zu einer Gemeinde zusammengewachsen. Wir haben ein unverwechselbares Profil und gerade durch unsere große spirituelle Spannweite finden viele Menschen bei uns eine geistliche Heimat.