Bericht zu der Marsch des Lebens Gedenkfeier anlässlich des Jom HaSchoa,
dem jüdischen Gedenktag des Holocausts
Am 28.April 2022 versammelten sich um 17 Uhr auf dem Platz an der Hintergasse 10, Griesheim, wo bis zum Bombenangriff 1944 die Jüdische Synagoge stand, 50 Personen zu einer Marsch des Lebens Gedenkfeier.
Als besonderen Gast durften wir Frau Ingeborg Nahmany begrüßen, die dem Vorstand der Jüdischen Gemeinde Darmstadt angehört. Frau Heike Jakowski, die als Historikerin die Daten zu den Griesheimer Juden zusammengetragen hat und die Stolperstein AG geleitet hat, war ebenso anwesend.
Gemeinsam mit den im Laufe der Veranstaltung tätigen Vertretern der Christlichen Gemeinden war auch Frau Iwona Krawczyk, Pastorin der Christengemeinde anwesend.
Ein Posaunenspiel durch Regina Kehr der Christengemeinde leitete die Feier ein.
In einer Zeit der Stille wurden 6 Kerzen im Andenken an die 6 Millionen Juden angezündet, die der Schoa zum Opfer fielen und eine Schweigeminute abgehalten.
Um an die Griesheimer Holocaustopfer zu ERINNERN erfolgte das Verlesen der Namen durch Herr Andreas Tengicki, Vorsitzender des Bündnis 90, Die Grünen, Griesheim; Sebastian Schecker, Vorsitzender der SPD; Pfarrer Detlef Gallasch von der Ev.Melanchthongemeide; Frau Simone Kreuzberger, Gemeindereferentin der katholischen Gemeinde St.Marien; Frau Dr.Roswitha Gail-Eller, Vorsitzende des Pfarrgemeinderates St. Marien; Peter Reynders aus der Ökumene.
Es folgte ein Grußwort von Bürgermeister Geza Krebs-Wetzl. Er brachte zum Ausdruck, welche unaussprechlichen Taten während dem 2.Weltkrieg geschahen und wie wichtig es ist, regelmäßig an die Gräueltaten an der Jüdischen Bevölkerung zu erinnern. Heute stehen wir als Stadt Griesheim in der Pflicht den Menschen, die die Ukraine verlassen mussten, zu helfen und er dankte Allen, die sich dafür in dieser Stadt einbringen.
Pfarrer Holger Uhde beleuchtete die Schuld der Kirche an der Verbreitung des Antisemitismus in der Geschichte durch Leugnung der Jüdischen Wurzeln des Christlichen Glaubens. Er benannte die weltweite Zunahme des Antisemitismus und unsere Verantwortung dazu nicht zu schweigen. Er betonte: Wir vergessen Euch nicht und STEHEN AN DER SEITE ISRAELS.
Um an den Holocaust in der Ukraine zu ERINNERN wurde von Herrn Peter Querbach, dem Vorsteher der Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde, ein ausführlicher Bericht zu dem Massaker in Babi Jar vorgelesen. Dieses Massaker fand in der Schlucht von Babi Jar, bei Kiew, am 29. und 30. September 1941 statt. Dort erschossen die Einsatzgruppe C der SS und das SS Sonderkommando 4a an zwei Tagen 33771 Juden. Genaue Schilderungen über das Erschießen der fast 34 000 Juden sowie das Verbrennen der Leichen, um möglichst alle Spuren zu verwischen, ließen das Geschehene sehr lebendig werden. Insgesamt wurden hier bis zu 200 000 Menschen, darunter Roma, Kriegsgefangene, psychisch Kranke, Partisanen, ukrainische Nationalisten und weitere Juden aus der Kiewer Umgebung während der Deutschen Besatzung umgebracht.
Frau Dr.Gail-Eller verlas den ausführlichen Bericht des Holocaust-Überlebenden Georgi Sokolski mit dem Titel „Die gestohlene Kindheit“. Die ERINNERUNG an sein Überleben stammt aus dem Buch „Leben und Tod in der Epoche des Holocaust in der Ukraine, Zeugnisse von Überlebenden“ von Boris Zabarko, Margret Müller, Werner Müller (Herausgeber). Er erlebte drei Wunder, durch die seine Mutter, sein Bruder und seine Großmutter überlebten. Durch das erste Wunder kamen sie nicht bis zur Sammelstelle, an die sich alle Juden einfinden sollten und blieben von dem Massaker verschont. Beim zweiten Wunder kamen Georgi und sein Bruder von einem Verhör der Gestapo frei und das Dritte bestand aus einem Wohnberechtigungsschein für eine kleine Wohnung unmittelbar nach dem Rückzug der Deutschen.
Gunhild Menges fragte vor dem Hintergrund der weltweiten Zunahme des Antisemitismus, wieso das so oft ausgesprochene „Nie wieder“ zu verhallen scheint. Ein ehrlicher Blick auf das eigene Herz hilft, antisemitisches Gedankengut zu erkennen. Die Aufarbeitung der eigenen Familiengeschichte erlaubt das Lüften der Decke des Schweigens über den Taten während der Nazizeit. Sie beleuchtete den freiwilligen Beitritt ihres Onkels in die Waffen-SS, die mit der völligen Übereinstimmung mit der Nazi-Ideologie verbunden war, sowie die Erkenntnis, dass die Waffen SS nicht nur militärische Siege errungen sondern auch Gräueltaten verübt hat. Die innerliche Loslösung davon hat zu einer Haltung der VERSÖHNUNG geführt. Daraus ist eine veränderte Einstellung gegenüber der Jüdischen Bevölkerung entstanden. Aus Gleichgültigkeit gegenüber Juden hat sich eine klare Haltung entwickelt, in der sie ein ZEICHEN SETZT und sich an die Seite Israels stellt und Jüdisches Leben willkommen heißt.
Es folgte ein Herzliches Dankeschön an das Team, welches diese Veranstaltung vorbereitet hat, sowie an alle aktiv Beteiligten durch Pfr.Holger Uhde.
Er lud am Ende dazu ein, sich mit den ausgestellten Plakaten zu befassen:
- Weltweit standfindende Märsche des Lebens zu Jom HaShoa sowie der March of the Nations im Mai in Israel.
- Die Namen der Griesheimer Holocaustopfer
- Der Holocaust in der Ukraine
- Weltweite Zunahme des Antisemitismus.
Zum Abschluss erklang die Nationalhymne Israels auf der Bratsche durch Pfr.Holger Uhde zu der mitgesungen wurde.